So dramatisch sind Boris Beckers Erinnerungen an den Knast
Boris Becker (57) schreibt über eine Zeit, über die viele andere an seiner Stelle sicher lieber geschwiegen hätten: In seinem neuen Buch "Inside: Gewinnen – Verlieren – Neu beginnen", das Anfang September erscheinen soll, schildert er eindrücklich seine Monate in britischer Haft – brutal, ehrlich und ohne Rücksicht auf Verluste. Schon die ersten Zeilen, die bisher veröffentlicht wurden, machen deutlich, wie sehr ihn diese Zeit erschüttert hat: "Es sind die Schreie, die dich in deiner ersten Nacht im Gefängnis am tiefsten treffen", heißt es dort. "Schreie, als wäre jemand verletzt. Als bräuchte er Hilfe. Als würde jemand sterben." Boris nimmt die Leser mit hinter die Gefängnismauern, hinein in eine Welt voller Kälte, endloser Einöde und verzweifelter Überlebensstrategien. Er beschreibt, wie es ist, plötzlich nicht mehr Promi, sondern nur noch eine Nummer zu sein – registriert als A2923EV, eingesperrt mit Fremden, umgeben von Angst und Lärm.
Das Buch, das offenbar nichts für schwache Nerven ist, soll vor allem die innere Entwicklung des ehemaligen Tennisprofis sichtbar machen. Boris beschreibt, wie sich in der Isolation neue Perspektiven für ihn öffneten – nicht trotz, sondern gerade wegen der schwierigen Umstände. Der Alltag im Gefängnis zwang ihn dazu, Verantwortung zu übernehmen, alte Muster zu hinterfragen und emotionale Panzer abzulegen. Schuldzuweisungen spart er im Buch weitgehend aus, stattdessen richtet sich der Fokus auf Veränderung: Wie wird man ein anderer Mensch, wenn alles Bekannte wegfällt? Zwischen Routinen, Rückschlägen und rätselhaften Begegnungen mit Mithäftlingen tastet sich Boris in seinem Werk zu einer neuen Selbstwahrnehmung vor – immer in dem Wissen, dass Vertrauen und Respekt hinter Gittern ganz anders funktionieren als in der Welt draußen.
Auch im familiären Umfeld hat diese Zeit bei Boris Spuren hinterlassen. Besonders die Beziehung zu seiner Tochter Anna Ermakova (25) wurde während seiner Inhaftierung intensiver. Der erzwungene Stillstand öffnete Räume für Gespräche, die vorher nicht gegeben waren – und schuf Nähe, wo zuvor oft Distanz herrschte. Boris, der aktuell mit Ehefrau Lilian de Carvalho Monteiro sein insgesamt fünftes Kind erwartet, betont seitdem häufiger seine Rolle als Familienmensch. Das Buch kann daher auch als Versuch gelesen werden, nicht nur mit seiner Rolle in der Öffentlichkeit, sondern auch mit sich privat ins Reine zu kommen.